Granatapfelsirup

Granatapfelsirup: Was steckt wirklich drin? Ein Faktencheck

Von Yannik 15. Dezember 2025 14 Min. Lesezeit

In den Regalen von Supermärkten und Feinkostläden findet sich zunehmend ein Produkt mit exotischem Flair: Granatapfelsirup. Der dickflüssige, dunkelrote Sirup wird als kulinarische Bereicherung und Gesundheitsprodukt beworben. Doch was steckt tatsächlich drin? Und rechtfertigen die Inhaltsstoffe die häufig hohen Preise? Ein genauer Blick auf die Zusammensetzung, die Herstellung und die wissenschaftlichen Erkenntnisse liefert überraschende Antworten.

Was ist Granatapfelsirup und woher kommt er?

Granatapfelsirup, im englischen Sprachraum auch als Pomegranate Molasses oder Grenadine bekannt, ist ein Konzentrat aus dem Saft der Granatapfelfrucht. Die Herstellung basiert auf einem einfachen Prinzip: Der frisch gepresste Saft wird durch Erhitzen so lange eingekocht, bis er zu einer sirupartigen, dickflüssigen Masse reduziert ist. Dabei verdampft der Großteil des Wassers, und die Zucker sowie andere Inhaltsstoffe konzentrieren sich.

Die Ursprünge dieses Produkts liegen im Nahen Osten und in der Mittelmeerregion. In der arabischen, persischen und türkischen Küche gehört Granatapfelsirup seit Jahrhunderten zu den Grundzutaten. Gerichte wie Muhammara (ein Paprika-Walnuss-Dip) oder Fesenjan (ein persischer Eintopf) wären ohne ihn kaum denkbar. Der Name Grenadine leitet sich übrigens vom französischen Wort „grenade" für Granatapfel ab. Allerdings enthalten viele industriell hergestellte Grenadine-Sirups heute kaum noch echten Granatapfelsaft, sondern bestehen hauptsächlich aus Zucker und künstlichen Aromen. Wer einen authentischen Granatapfelsirup sucht, sollte daher die Zutatenliste genau prüfen.

Nährwerte und Zusammensetzung

Die Nährwerte von Granatapfelsirup unterscheiden sich je nach Hersteller und Herstellungsverfahren erheblich. Dennoch lassen sich einige grundlegende Werte festhalten.

NährstoffGehalt pro 100 gGehalt pro Esslöffel (15 g)
Kalorien220–290 kcal33–44 kcal
Kohlenhydrate50–78 g7,5–12 g
davon Zucker39–70 g6–10,5 g
Eiweiß0–1 g0 g
Fett0–6 g0–1 g
Ballaststoffe0 g0 g

Die Werte schwanken so stark, weil manche Hersteller zusätzlich Zucker beimischen, während andere nur auf die natürlichen Zucker aus dem Granatapfelsaft setzen. Der hohe Kohlenhydratanteil besteht hauptsächlich aus Fruktose und Glukose [1]. Ballaststoffe enthält der Sirup praktisch keine, da diese beim Pressen und Einkochen verloren gehen. Das ist ein deutlicher Nachteil gegenüber dem Verzehr von frischem Granatapfel, der etwa 4 Gramm Ballaststoffe pro 100 Gramm enthält.

Mineralstoffe und Vitamine

Granatapfelsirup liefert durchaus einige Mineralstoffe. Pro 100 Gramm finden sich etwa 110 mg Kalzium und rund 4 mg Eisen. Das klingt zunächst nach einer nennenswerten Menge, ist aber im Kontext der typischen Verzehrmengen zu betrachten. Ein Esslöffel liefert demnach nur etwa 16 mg Kalzium und 0,6 mg Eisen. Bei einem Tagesbedarf von 1000 mg Kalzium und 10-15 mg Eisen für Erwachsene sind diese Mengen schlicht zu gering, um einen nennenswerten Beitrag zur Versorgung zu leisten.

Der Vitamingehalt ist ebenfalls begrenzt. Vitamin C, das im frischen Granatapfelsaft noch vorhanden ist, wird durch die Hitzeeinwirkung beim Einkochen größtenteils zerstört [2]. Ähnlich verhält es sich mit hitzeempfindlichen B-Vitaminen. Wer Granatapfelsirup also primär als Vitaminquelle nutzen möchte, wird enttäuscht.

Polyphenole im Granatapfelsirup

Die eigentlich interessanten Inhaltsstoffe im Granatapfel sind die Polyphenole – sekundäre Pflanzenstoffe mit antioxidativen Eigenschaften. Granatäpfel enthalten eine außergewöhnlich hohe Konzentration dieser Verbindungen, darunter Ellagitannine, Anthocyane (Farbstoffe, die für die rote Farbe verantwortlich sind), Ellagsäure und Gallussäure [3].

Punicalagin ist dabei das bekannteste Ellagitannin im Granatapfel. Es handelt sich um ein sehr großes Molekül mit starker antioxidativer Wirkung im Reagenzglas [4]. Kommerzielle Granatapfelsäfte, die durch Pressen der ganzen Frucht (einschließlich Schale) gewonnen werden, enthalten zwischen 1500 und 1900 mg Punicalagin pro Liter [5]. Bei Säften, die nur aus den Kernen gepresst werden, liegt der Gehalt deutlich niedriger.

Was passiert beim Einkochen mit den Polyphenolen?

Die Herstellung von Granatapfelsirup durch Erhitzen ist für die Polyphenole problematisch. Studien zeigen, dass insbesondere Anthocyane sehr hitzeempfindlich sind. Bei Temperaturen zwischen 60 und 90 Grad Celsius über einen Zeitraum von 15 Minuten bis 5 Stunden kommt es zu einem deutlichen Rückgang des Anthocyangehalts [6]. Die Pigmente werden oxidiert und wandeln sich in braune Chinone um, was auch die typische dunkelbraune Färbung von lange eingekochtem Sirup erklärt.

Ein Vergleich von thermisch verarbeitetem und nicht thermisch verarbeitetem Granatapfelsaft zeigt das Ausmaß: Konzentrate aus thermischer Eindampfung enthielten nur noch 0,7 bis 47 mg Anthocyane pro Liter, während nicht konzentrierte Säfte zwischen 60 und 280 mg pro Liter aufwiesen [7]. Das entspricht einem Verlust von bis zu 99 Prozent.

Ellagsäure und Punicalagin verhalten sich etwas stabiler. Eine Studie zeigte sogar einen Anstieg des Punicalagingehalts nach kurzer Hitzebehandlung, vermutlich durch den Abbau größerer Tannine [8]. Allerdings reduzierte sich der Ellagsäuregehalt um etwa 60 Prozent bei der gleichen Behandlung. Die Gesamtmenge an Polyphenolen kann bei konzentrierten Säften höher sein als bei frischem Saft, da die Konzentration naturgemäß auch die verbleibenden Polyphenole konzentriert [7].

Herstellungsverfahren und deren Auswirkungen

Die Art der Herstellung beeinflusst die Qualität des Endprodukts erheblich. Traditionell wird Granatapfelsaft langsam bei normaler Atmosphäre eingekocht. Dieses Verfahren führt zu hohen Temperaturen von etwa 100 Grad Celsius über mehrere Stunden. Die Folgen: starker Abbau von Anthocyanen, Bräunungsreaktionen (Maillard-Reaktion) und Bildung von 5-Hydroxymethylfurfural (5-HMF), einem Marker für thermische Belastung [9].

Moderne Industrieverfahren nutzen Vakuum-Eindampfung bei niedrigeren Temperaturen zwischen 40 und 65 Grad Celsius. Dadurch lassen sich die Qualitätseinbußen deutlich verringern [10]. Noch schonender arbeiten Membranverfahren wie die Vorwärtsosmose (Forward Osmosis), bei denen gar keine Hitze eingesetzt wird. Eine Studie verglich Forward-Osmosis-Konzentrat mit thermisch eingedampftem: Der Anthocyangehalt lag bei 414 mg/kg gegenüber 357 mg/kg – ein Unterschied von etwa 16 Prozent [11].

HerstellungsverfahrenTemperaturAnthocyan-ErhaltFarbe
Traditionelles Einkochen100 °CSehr geringDunkelbraun
Vakuum-Eindampfung40–65 °CMittelRot bis dunkelrot
Forward Osmosis25 °CHochRot
KryokonzentrationUnter 0 °CSehr hochNaturfarben

Für Verbraucher ist es schwierig bis unmöglich zu erkennen, welches Verfahren bei einem bestimmten Produkt angewandt wurde. Die Farbe kann ein Anhaltspunkt sein: Ein sehr dunkler, fast schwarzer Sirup deutet auf starke thermische Belastung hin, während ein leuchtend roter Sirup schonender hergestellt wurde.

Aufnahme und Stoffwechsel im Körper

Selbst wenn ein Granatapfelsirup noch reichlich Polyphenole enthält – der Körper kann diese nicht einfach aufnehmen und nutzen. Die Bioverfügbarkeit (also der Anteil, der tatsächlich ins Blut gelangt) von Ellagitanninen ist sehr gering. Punicalagin wird im Darm zu Ellagsäure abgebaut und diese zu einem kleinen Teil aufgenommen. Die maximale Plasmakonzentration von Ellagsäure wird etwa eine Stunde nach dem Verzehr erreicht und beträgt nur etwa 33 Nanogramm pro Milliliter [12]. Nach 6 Stunden ist sie bereits wieder verschwunden, da die Halbwertszeit sehr kurz ist.

Die eigentlich bioaktiven Stoffwechselprodukte sind die sogenannten Urolithine. Diese entstehen durch den Abbau von Ellagsäure und Ellagitanninen durch die Darmbakterien [13]. Urolithin A ist dabei der am besten untersuchte Metabolit. Interessanterweise kann aber nicht jeder Mensch Urolithine produzieren. Studien zeigen, dass nur etwa 30 bis 60 Prozent der Bevölkerung dazu in der Lage sind [14]. Die Fähigkeit hängt von der Zusammensetzung der individuellen Darmflora ab.

  • Urolithin-A-Produzenten haben in der Regel höhere Anteile des Bakteriums Akkermansia muciniphila im Darm [15].
  • Die Produktion von Urolithin A ist mit einem günstigeren Herz-Kreislauf-Risikoprofil assoziiert [16].
  • Etwa 40 Prozent der Menschen können nach dem Trinken von Granatapfelsaft kein Urolithin A bilden [14].

Diese individuellen Unterschiede erklären, warum Studien zu den Gesundheitswirkungen von Granatapfelprodukten oft widersprüchliche Ergebnisse liefern. Was bei dem einen Menschen wirkt, zeigt bei einem anderen keine Effekte – schlicht weil die Darmflora anders zusammengesetzt ist.

Wirkungen auf den Blutzucker

Da Granatapfelsirup einen hohen Zuckergehalt hat, stellt sich die Frage, wie er den Blutzucker beeinflusst. Frischer Granatapfel hat einen niedrigen glykämischen Index von etwa 35 [17]. Beim Sirup liegt dieser vermutlich höher, da die Ballaststoffe fehlen, die normalerweise die Zuckeraufnahme verlangsamen.

Granatapfelsaft kann die Blutzuckerreaktion auf andere Lebensmittel abschwächen. Eine randomisierte Studie an 16 gesunden Personen zeigte: Wenn Granatapfelsaft zusammen mit Weißbrot verzehrt wurde, sank die Fläche unter der Blutzuckerkurve um 33 Prozent im Vergleich zu einer Kontrolllösung mit gleichem Zuckergehalt [18]. Der Spitzenwert des Blutzuckers war um 25 Prozent niedriger. Der Effekt trat jedoch nur beim Saft auf, nicht bei einem Granatapfelextrakt in Kapselform.

Die Erklärung liegt in der Hemmung des Enzyms Alpha-Amylase durch Punicalagin. Dieses Enzym spaltet Stärke in Zucker. Wenn es blockiert wird, gelangt der Zucker langsamer ins Blut [18]. Die Wirkung ist vergleichbar mit dem Diabetes-Medikament Acarbose. Ob diese Wirkung beim hochkonzentrierten Sirup erhalten bleibt, ist allerdings unklar, da viele der dafür verantwortlichen Polyphenole beim Einkochen abgebaut werden.

Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2024, die 34 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 1500 Teilnehmern auswertete, kam zu dem Ergebnis, dass der Verzehr von Granatapfelprodukten den Nüchternblutzucker, das Nüchterninsulin und den HbA1c-Wert (Langzeit-Blutzuckerwert) senken kann [19]. Die Effekte waren allerdings gering und zeigten sich am deutlichsten bei Menschen mit bereits erhöhten Blutzuckerwerten. Für gesunde Menschen mit normalen Werten ist der Nutzen fraglich.

Weitere diskutierte Wirkungen

In der Werbung wird Granatapfelsirup manchmal mit Aussagen zu Herzgesundheit, Krebsprävention oder Anti-Aging-Effekten beworben. Die wissenschaftliche Grundlage für solche Behauptungen muss differenziert betrachtet werden.

Herz-Kreislauf-System

Studien mit Granatapfelsaft zeigten in einigen Fällen positive Effekte auf das LDL-Cholesterin und Entzündungsmarker wie Interleukin-6 [20]. Bei 40 Patienten mit Typ-2-Diabetes führte der Verzehr von Granatapfelsaftkonzentrat über 4 Wochen zu einem deutlichen Anstieg des HDL-Cholesterins (des „guten" Cholesterins) und einer Senkung von Interleukin-6 [21]. Nüchternblutzucker, Blutdruck und LDL-Cholesterin veränderten sich jedoch nicht.

Die Effekte hängen offenbar stark davon ab, ob die Person Urolithin A produzieren kann. Eine Analyse von Stoffwechselprodukten zeigte, dass Granatapfelextrakt nur bei Urolithin-A-Produzenten die Gallensäuren und das Verhältnis von Koprostanol zu Cholesterin veränderte [22]. Bei Nicht-Produzenten blieben diese Marker unbeeinflusst.

Antioxidative Wirkung

Granatapfelsaft zeigt im Reagenzglas eine sehr hohe antioxidative Kapazität – etwa dreimal höher als Rotwein oder grüner Tee [5]. Diese Werte sind auf den hohen Gehalt an Polyphenolen zurückzuführen. Was im Reagenzglas beeindruckt, lässt sich aber nicht einfach auf den menschlichen Körper übertragen. Bei gesunden Probanden, die 800 mg eines Granatapfelextrakts einnahmen, stieg die antioxidative Kapazität im Blut nach 30 Minuten um 32 Prozent, gemessen mit dem ORAC-Test [12]. Die Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies (freien Radikalen) wurde jedoch nicht beeinflusst.

Darmgesundheit

Granatapfel-Polyphenole scheinen präbiotische Eigenschaften zu haben, also das Wachstum günstiger Darmbakterien zu fördern. Bei Personen, die 1000 mg Granatapfelextrakt täglich über 4 Wochen einnahmen, stieg die Anzahl von Akkermansia muciniphila im Stuhl [15]. Dieses Bakterium gilt als günstig für die Darmgesundheit und den Stoffwechsel. Der Effekt trat allerdings nur bei Urolithin-A-Produzenten auf.

Kritische Bewertung der Gesundheitsaussagen

Die Übertragung der Studienergebnisse auf Granatapfelsirup ist aus mehreren Gründen problematisch:

Erstens wurden die meisten Studien mit frischem Granatapfelsaft, Granatapfelextrakt in Kapselform oder standardisierten Präparaten durchgeführt – nicht mit eingekochtem Sirup. Da der Sirup durch die Hitzebehandlung einen Großteil seiner Anthocyane und einen Teil seiner anderen Polyphenole verliert, lassen sich die Ergebnisse nicht ohne Weiteres übertragen.

Zweitens sind die in Studien verwendeten Mengen oft sehr viel höher als das, was über Sirup zugeführt wird. Wenn eine Studie beispielsweise 800 mg Granatapfelextrakt verwendet, entspricht das etwa einem Liter Granatapfelsaft. Ein Esslöffel Sirup liefert bei Weitem nicht diese Menge an bioaktiven Substanzen.

Drittens unterscheiden sich kommerielle Produkte stark in ihrer Qualität. Eine Untersuchung von 19 Granatapfel-Nahrungsergänzungsmitteln zeigte, dass nur 6 Produkte eine Polyphenolzusammensetzung hatten, die tatsächlich Granatapfel ähnelte [23]. Bei den übrigen 13 Produkten stimmten die Angaben auf der Verpackung nicht mit dem tatsächlichen Inhalt überein. Es ist davon auszugehen, dass bei Granatapfelsirup ähnliche Qualitätsschwankungen auftreten.

Verwendung in der Küche

Unabhängig von den Gesundheitsfragen ist Granatapfelsirup ein kulinarisch wertvolles Produkt. Sein Geschmack ist herb-süß mit einer deutlichen Säurenote, die durch Zitronensäure und Apfelsäure verursacht wird. Er eignet sich für verschiedene Anwendungen:

  • Als Zutat in Dressings und Vinaigrettes
  • Zum Marinieren von Fleisch und Geflügel
  • In Eintöpfen und Schmorgerichten (besonders in der persischen und arabischen Küche)
  • Als Topping für Joghurt, Müsli oder Desserts
  • In Cocktails und Mocktails

Die Qualität variiert stark zwischen den Produkten. Hochwertiger Sirup enthält nur Granatapfelsaft (eventuell mit etwas Zitronensaft) ohne zusätzlichen Zucker oder andere Zusatzstoffe. Günstige Varianten bestehen dagegen oft hauptsächlich aus Zucker, Wasser und Aromen mit nur geringem Anteil an echtem Granatapfelsaft.

Worauf beim Kauf achten?

Die Zutatenliste gibt wichtige Hinweise auf die Qualität. Ein guter Granatapfelsirup sollte folgende Kriterien erfüllen:

QualitätsmerkmalHochwertigMinderwertig
HauptzutatGranatapfelsaft (konzentriert)Zucker, Glukosesirup
Zusätzlicher ZuckerKeiner oder wenigAls zweite oder erste Zutat gelistet
FarbeDunkelrot bis rotbraunKünstlich rot (mit Farbstoffen)
KonsistenzDickflüssig, sirupartigWässrig oder klebrig-süß
GeschmackHerb-säuerlich, komplexNur süß, eindimensional

Produkte aus dem Nahen Osten oder der Türkei haben oft eine traditionellere Herstellung, sind aber nicht automatisch besser. Der Preis allein ist ebenfalls kein zuverlässiger Qualitätsindikator. Wichtig: Die Bezeichnung „Grenadine" auf dem Etikett bedeutet nicht zwingend, dass echte Granatäpfel enthalten sind. Viele Grenadine-Sirups enthalten heute hauptsächlich Zucker und künstliche Aromen.

Eigene Herstellung

Wer sichergehen möchte, kann Granatapfelsirup selbst herstellen. Die Grundregel: Etwa ein Liter Granatapfelsaft ergibt rund 250 bis 300 Milliliter Sirup. Der Saft wird langsam eingekocht, bis er auf etwa ein Viertel bis ein Drittel des ursprünglichen Volumens reduziert ist. Durch das Einkochen bei niedrigerer Hitze über längere Zeit bleiben mehr Inhaltsstoffe erhalten als bei starkem Kochen.

Die Nachteile der Eigenherstellung: Sie ist zeitaufwendig (etwa 1 bis 2 Stunden), und auch beim schonenden Einkochen gehen Anthocyane verloren. Ohne spezielle Geräte wie einen Vakuum-Eindampfer lässt sich der Abbau nicht verhindern. Zudem hält selbstgemachter Sirup ohne Konservierungsstoffe nur wenige Wochen im Kühlschrank.

Fazit und Einordnung

Granatapfelsirup ist in erster Linie ein Genussmittel mit interessanten kulinarischen Eigenschaften. Sein herb-süßer Geschmack bereichert viele Gerichte, und als natürliches Würzmittel ist er einer mit Aromen versetzten Alternative vorzuziehen – vorausgesetzt, es handelt sich um ein hochwertiges Produkt.

Als Gesundheitsprodukt sollte Granatapfelsirup hingegen kritisch betrachtet werden. Der hohe Zuckergehalt (bis zu 70 Gramm pro 100 Gramm) und das Fehlen von Ballaststoffen machen ihn zu einem energiedichten Lebensmittel ohne sättigende Wirkung. Die durch das Einkochen verlorenen Anthocyane und die nur teilweise erhaltenen anderen Polyphenole schmälern den Wert als Antioxidantien-Quelle erheblich.

Wer von den gesundheitlichen Vorteilen der Granatapfel-Polyphenole profitieren möchte, ist mit dem Verzehr von frischem Granatapfel, frisch gepresstem Saft oder standardisierten Extrakten besser beraten. Dabei ist zu bedenken, dass die Wirkung stark von der individuellen Darmflora abhängt und nicht jeder Mensch die bioaktiven Urolithine produzieren kann.

Zusammengefasst: Granatapfelsirup hat seinen Platz in der Küche als geschmackliches Highlight verdient. Die Erwartung, damit gleichzeitig die Gesundheit nennenswert zu fördern, ist jedoch überzogen. Wer ihn genießt, sollte dies in Maßen tun und sich bewusst sein, dass es sich um ein zuckerreiches Konzentrat handelt – nicht um ein Heilmittel.

📚 Quellen (23 Quellen)

Quellen

  1. Zusammensetzung von Granatapfelprodukten: Zucker, organische Säuren und Polyphenole. Food Chemistry, 2020.
  2. Pérez-Vicente A, Gil-Izquierdo A, García-Viguera C. In vitro gastrointestinal digestion study of pomegranate juice phenolic compounds. Journal of Agricultural and Food Chemistry, 2002.
  3. Gil MI, Tomás-Barberán FA, Hess-Pierce B, Holcroft DM, Kader AA. Antioxidant activity of pomegranate juice and its relationship with phenolic composition and processing. Journal of Agricultural and Food Chemistry, 2000.
  4. NCBI Bookshelf. Pomegranate Ellagitannins. In: Herbal Medicine: Biomolecular and Clinical Aspects, 2nd Edition, 2011.
  5. Gil MI et al. Antioxidant activity of pomegranate juice and its relationship with phenolic composition. Journal of Agricultural and Food Chemistry, 2000.
  6. Fischer UA, Carle R, Kammerer DR. Thermal stability of anthocyanins and colourless phenolics in pomegranate juice. Food Chemistry, 2013.
  7. Ferrara G et al. Chemical Composition, Antioxidant Activity, and Sensory Characterization of Commercial Pomegranate Juices. Antioxidants, 2021.
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  9. Akyıldız A et al. Changes in quality attributes during production of pomegranate juice concentrate. LWT - Food Science and Technology, 2020.
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  12. Mertens-Talcott SU et al. Absorption, Metabolism, and Antioxidant Effects of Pomegranate Polyphenols after Ingestion of a Standardized Extract in Healthy Human Volunteers. Journal of Agricultural and Food Chemistry, 2006.
  13. Tomás-Barberán FA et al. Biological Significance of Urolithins, the Gut Microbial Ellagic Acid-Derived Metabolites. Evidence-Based Complementary and Alternative Medicine, 2013.
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  17. Glykämischer Index von Granatapfel. International Tables of Glycemic Index and Glycemic Load Values, 2021.
  18. Kerimi A et al. Pomegranate juice, but not an extract, confers a lower glycemic response on a high–glycemic index food. American Journal of Clinical Nutrition, 2017.
  19. Bahari H et al. The effects of pomegranate consumption on glycemic indices in adults: A systematic review and meta-analysis. Diabetes & Metabolic Syndrome: Clinical Research & Reviews, 2024.
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