Seriöse Studien erkennen: So prüfst du wissenschaftliche Quellen richtig

Wissenschaftliche Studien sind ein essenzieller Bestandteil moderner Forschung und dienen als Fundament für Erkenntnisse in nahezu allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Ob es um medizinische Innovationen, pädagogische Konzepte, psychologische Untersuchungen oder technologische Entwicklungen geht – in all diesen Feldern werden Studien herangezogen, um Hypothesen zu prüfen, Argumente zu untermauern und Entscheidungen auf eine fundierte Basis zu stellen [1]. Die systematische Erhebung und Auswertung von Daten ermöglicht es, Zusammenhänge zu erkennen und daraus Handlungsempfehlungen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft abzuleiten.

In einer Welt, in der Informationen in rascher Geschwindigkeit über verschiedene Kanäle verbreitet werden, ist es für viele Menschen jedoch eine Herausforderung geworden, verlässliche Studienergebnisse von fragwürdigen oder irreführenden Veröffentlichungen zu unterscheiden. Selbst in renommierten Medien tauchen immer wieder Berichte auf, in denen Ergebnisse falsch oder einseitig dargestellt werden. Dies kann nicht nur zu Fehlentscheidungen im individuellen Bereich, etwa bei Gesundheitsfragen, führen, sondern auch auf höherer Ebene weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen.

Die Bedeutung seriöser und aussagekräftiger Studien lässt sich dabei kaum überschätzen. Politik und Gesellschaft sind auf robuste Daten angewiesen, um etwa in der Gesundheitsversorgung, Bildungsplanung oder Umweltpolitik nachhaltige Entscheidungen treffen zu können. Fehlinterpretationen oder methodisch unzureichende Studien können dagegen Misstrauen schüren und den Fortschritt blockieren [2].

Ziel dieses Textes ist es, einen klaren Überblick darüber zu vermitteln, wie man verlässliche Studien erkennt. Dabei wird auf die Merkmale eingegangen, die eine Studie seriös und belastbar machen, und es werden typische Fehlerquellen sowie Warnsignale beleuchtet, die Skepsis wecken sollten. Darüber hinaus wird aufgezeigt, wie man Studien selbstständig überprüfen und verschiedene Quellen vergleichen kann. Eine realistische, kritische Betrachtung hilft, wissenschaftliche Erkenntnisse einzuordnen und deren Nutzen für die Praxis zu verstehen.

Merkmale einer seriösen und aussagekräftigen Studie

Die folgenden Abschnitte beschreiben wesentliche Kriterien, anhand derer du die Qualität und Glaubwürdigkeit einer Studie beurteilen kannst. Diese Kriterien sind in den Geistes-, Sozial-, Natur- und Lebenswissenschaften weitgehend anerkannt und werden im Peer-Review-Prozess oder in Lehrbüchern der Forschungsmethodik gelehrt [1][3].

Zielsetzung und Forschungsfrage

Eine seriöse Studie beginnt mit einer klaren Fragestellung und einem präzise formulierten Ziel. Die Forscher sollten transparent darlegen, warum das Thema relevant ist und welche Lücke in der Forschung sie zu schließen versuchen. Häufig wird in der Einleitung einer Studie ein Überblick über bereits bestehende Forschungsergebnisse gegeben, um die eigene Arbeit in einen größeren Zusammenhang zu stellen. So entsteht ein nachvollziehbares Bild davon, welche konkreten Hypothesen überprüft werden sollen.

Hypothesen werden dabei in der Regel so formuliert, dass sie entweder falsifiziert (also widerlegt) oder bestätigt werden können. Ein Beispiel: „Die Einnahme von Substanz X verringert die Symptome bei Erkrankung Y.“ Eine solche Hypothese lässt sich statistisch untersuchen, zum Beispiel indem man eine geeignete Stichprobe wählt und Vergleichsgruppen bildet.

Wichtig ist es, an dieser Stelle auf Kontext und Relevanz einzugehen. Warum ist die Fragestellung gesellschaftlich oder wissenschaftlich bedeutsam? Wie reiht sie sich in den Stand der Forschung ein? Werden diese Punkte weder genannt noch diskutiert, kann dies ein erstes Warnsignal sein, dass die Studie möglicherweise nicht hinreichend durchdacht ist oder Interessen verfolgt, die nicht unmittelbar wissenschaftlicher Natur sind [4].

Methodisches Vorgehen

Das methodische Fundament einer Studie entscheidet maßgeblich über ihre Aussagekraft. Zielsetzung und Methodik müssen zusammenpassen, damit belastbare Resultate entstehen können.

Passende Methodenwahl

Grundlegend wird zwischen quantitativen und qualitativen Methoden unterschieden.

  • Quantitative Studien erheben messbare Daten, beispielsweise über standardisierte Fragebögen oder Laborexperimente. Sie analysieren häufig große Stichproben und nutzen statistische Verfahren, um Hypothesen zu überprüfen.
  • Qualitative Studien hingegen arbeiten mit nicht-metrischen Daten, etwa mit Interviews, Fokusgruppen oder Beobachtungen. Ziel ist es, komplexe Phänomene zu verstehen und neue Hypothesen zu generieren.
  • Mixed-Methods-Studien kombinieren beide Ansätze, um sowohl statistische Trends als auch individuelle Erfahrungen abzudecken.

Für welche Methode sich die Forschenden entscheiden, hängt von der Forschungsfrage ab. Eine Untersuchung zur Wirksamkeit eines Medikaments wird in der Regel quantitativ angelegt, während eine Studie zur subjektiven Wahrnehmung eines bestimmten Phänomens eher qualitative Interviewtechniken verwenden kann [1]. Entscheidend ist, dass die gewählte Methode sachlich begründet und verständlich erläutert wird.

Stichprobenauswahl

Eine repräsentative und ausreichend große Stichprobe ist entscheidend, um belastbare Schlussfolgerungen ziehen zu können [4]. In quantitativen Studien bedeutet das häufig, dass die Zahl der Teilnehmer so bemessen sein muss, dass die Ergebnisse nicht nur zufallsbedingt zustande kommen. Die Größe der Stichprobe lässt sich statistisch planen (Stichwort: Power-Analyse).

Bei qualitativen Untersuchungen ist Repräsentativität in klassischer statistischer Hinsicht weniger zentral. Hier achten Forschende vielmehr auf theoretische Sättigung und eine geeignete Fallauswahl, damit alle relevanten Ausprägungen des Untersuchungsgegenstandes abgedeckt sind. Wer im Rahmen einer qualitativen Studie über die Alltagserfahrungen von pflegenden Angehörigen forscht, sollte zum Beispiel sicherstellen, dass sowohl Männer als auch Frauen verschiedener Altersgruppen einbezogen werden.

Wichtig ist zudem die Transparenz: Die Studie sollte offenlegen, wie die Stichprobe rekrutiert wurde und welche Einschluss- oder Ausschlusskriterien angewandt wurden. Nur so kann man die Ergebnisse angemessen einschätzen und mögliche Einschränkungen erkennen.

Datenqualität und Datenerhebung

Neben den generellen Gütekriterien für Studien, wie Objektivität, Reliabilität (Zuverlässigkeit) und Validität (Gültigkeit), gehören auch die Sorgfalt bei der Datenerfassung sowie die Datenqualität zu den Grundvoraussetzungen für belastbare Ergebnisse. Dabei spielen insbesondere praktische Aspekte eine Rolle, etwa wie genau Messgeräte kalibriert sind oder wie Interviews geführt wurden.

Wenn zum Beispiel in einer Befragung unklar formulierte Fragen verwendet werden, kann dies zu Verzerrungen führen, weil Teilnehmende womöglich nicht verstehen, worauf sie antworten sollen. Auch die Reihenfolge von Fragen oder die Art und Weise, wie Antworten erfasst werden, kann einen erheblichen Einfluss auf die Ergebnisse haben. Ein Klassiker im Umfragekontext ist der Interviewer-Effekt, bei dem die Anwesenheit des Interviewers die Antworten der Teilnehmenden beeinflusst.

Bei Beobachtungsstudien ist es erforderlich, klare Regeln für das Beobachtungsverhalten festzulegen, um subjektive Verzerrungen zu minimieren. In experimentellen Untersuchungen wiederum sollten Störvariablen kontrolliert werden, damit die Effekte eindeutig auf die zu testende Intervention zurückgeführt werden können.

Replizierbarkeit

Eine Studie gilt als wissenschaftlich robust, wenn ihre Ergebnisse durch andere Forschende unabhängig überprüft und bestätigt werden können [2]. Replizierbarkeit bedeutet, dass die Methodik, die Datenerhebung und die Auswertung so detailliert beschrieben sind, dass ein kompetentes Team die Untersuchung nachvollziehen und bei gleichem Vorgehen zu denselben Resultaten kommen kann.

Dieses Kriterium ist nicht nur für die Glaubwürdigkeit einer einzelnen Studie bedeutsam, sondern auch für den Fortschritt der Wissenschaft insgesamt. Nur wenn Untersuchungen mehrfach wiederholt und repliziert werden, lässt sich sicherstellen, dass es sich nicht um einen einmaligen Zufallsbefund handelt. Ist die Methodik unpräzise oder fehlen entscheidende Informationen, fällt eine Replikation schwer oder wird unmöglich.

Auswertung und statistische Verfahren

Statistische Verfahren sollten korrekt angewandt und interpretiert werden. Häufige Fehler bestehen darin, Korrelationen vorschnell als Kausalitäten zu interpretieren oder statistische Signifikanz (z. B. p-Wert) mit praktischer Relevanz zu verwechseln [2].

  • Signifikanz bedeutet lediglich, dass ein bestimmter Effekt nicht rein zufällig aufgetreten ist. Das heißt aber nicht, dass er auch praktisch bedeutsam oder stark ausgeprägt ist.
  • Korrelation bedeutet, dass zwei Variablen gemeinsam variieren. Das kann bedeuten, dass sie kausal verknüpft sind. Es kann aber auch andere Gründe geben, zum Beispiel eine dritte Variable, die beide beeinflusst (Stichwort: Scheinkorrelation).

Eine weitere Quelle für Fehlinterpretationen sind multiple Vergleiche ohne entsprechende Korrektur. Wird in einer Studie eine große Anzahl statistischer Tests durchgeführt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass zumindest ein Testergebnis statistisch „signifikant“ wird – selbst wenn kein realer Effekt existiert. Die sogenannte Alpha-Fehler-Kumulierung kann durch geeignete Korrekturverfahren (z. B. Bonferroni-Korrektur) eingedämmt werden [5].

Transparenz

Eine Studie ist umso glaubwürdiger, je offener und detaillierter sie ihre Methodik und ihre Ergebnisse darlegt. Dies umfasst nicht nur die Beschreibung des Studiendesigns, sondern auch die Offenlegung der Fragebögen, Instrumente und statistischen Verfahren, die verwendet wurden.

Zudem sollten Daten, wenn möglich, in einem reproduzierbaren Format zur Verfügung gestellt werden. Hierbei sprechen Wissenschaftler oft von Open Data und Open Science. Dabei werden Datensätze und Auswertungsskripte nach Möglichkeit der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, damit andere Forschende die Analysen nachverfolgen und überprüfen können [6].

Die umfassende Transparenz ermöglicht es, mögliche Fehlerquellen zu identifizieren und bewahrt das Vertrauen in die Wissenschaft. Studien, die nur bruchstückhaft über ihre Methodik berichten oder wichtige Informationen zurückhalten, erschweren eine fundierte Bewertung der Ergebnisse.

Peer-Review-Verfahren

Eine Publikation in einer anerkannten Fachzeitschrift mit Peer-Review-Verfahren ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal. Beim Peer Review begutachten Fachkollegen (Peers) den eingereichten Artikel, prüfen dessen Methodik, die Datenauswertung und die Interpretation der Ergebnisse [7]. Dieser Prozess soll sicherstellen, dass nur solide Studien veröffentlicht werden und offensichtliche Fehler vor der Publikation korrigiert werden können.

Allerdings ist auch das Peer-Review-System nicht unfehlbar. Begutachtende können menschliche Fehler machen oder selbst Bias haben. Dennoch bietet das Verfahren im Vergleich zu einer Veröffentlichung ohne Begutachtung eine deutlich höhere Gewährleistung, dass die wichtigsten Kriterien wissenschaftlichen Arbeitens eingehalten wurden.

Es gibt verschiedene Formen des Peer Reviews – unter anderem das Single-Blind– und das Double-Blind-Verfahren. Beim Single-Blind kennen die Gutachter die Identität der Autoren, umgekehrt aber nicht. Beim Double-Blind wissen beide Seiten nicht, mit wem sie es zu tun haben. Letzteres soll Vorurteile reduzieren, doch auch hier können Gutachter oft aus Hinweisen im Text erahnen, um welches Forschungsteam es sich handelt. Nichtsdestotrotz wird das Peer Review als Goldstandard der wissenschaftlichen Qualitätssicherung angesehen.

Unabhängigkeit

Unabhängigkeit bezieht sich sowohl auf die finanzielle als auch auf die institutionelle Ebene. Eine Studie, die von einer Interessenpartei – zum Beispiel einem Pharmaunternehmen oder einer politischen Organisation – in Auftrag gegeben wird, ist nicht per se unseriös. Es muss jedoch transparent sein, wer die Studie finanziert hat und ob Interessenkonflikte bestehen [8].

Gibt es beispielsweise finanzielle Verflechtungen zwischen Forschenden und einer Firma, die von bestimmten Ergebnissen profitiert, erhöht sich das Risiko, dass unliebsame Resultate nicht veröffentlicht werden. Ebenso kann es sein, dass die Studie bewusst so angelegt wird, dass das „erwünschte“ Ergebnis wahrscheinlicher wird. Eine klare und nachprüfbare Deklaration von Interessenkonflikten ist deshalb ein wichtiger Schritt, um Studien objektiv einzuordnen.

Bei staatlich oder durch unabhängige Stiftungen geförderten Studien ist die Gefahr eines Interessenkonflikts oft geringer, aber nicht ausgeschlossen. Entscheidend ist auch hier die Transparenz: Jegliche Art von Zuwendungen sollte offengelegt werden, damit Lesende die Ergebnisse im Licht möglicher Bias betrachten können.

Typische Fehlerquellen oder Warnsignale

In diesem Abschnitt geht es um Faktoren, die eine Studie in ihrer Aussagekraft mindern können. Sie sind nicht immer sofort ersichtlich, daher ist es umso wichtiger, genau hinzuschauen.

Konflikte von Interessen

Wenn eine Studie offensichtlich von einer Interessenpartei gesponsert wird, die ein klares wirtschaftliches oder politisches Ziel verfolgt, kann das ein Warnsignal sein. In manchen Fällen ist eine solche Studie dennoch methodisch sauber – aber es besteht das Risiko, dass bestimmte Fragestellungen ausgeklammert oder Ergebnisse gefiltert werden.

Wird die Finanzierung nicht klar offengelegt, obwohl offenbar eine finanzielle Abhängigkeit besteht, sollte man die Ergebnisse besonders kritisch betrachten. Eine seriöse Studie nennt ihre Geldgeber offen und erklärt, wie mögliche Interessenkonflikte vermieden wurden.

Statistische Verzerrungen

Der unsachgemäße Einsatz statistischer Verfahren ist ein häufiger Schwachpunkt. Dazu gehört das p-Hacking, bei dem viele Tests durchgeführt werden, bis ein „signifikantes“ Ergebnis erscheint. Werden solche Praktiken nicht klar deklariert, kann der Eindruck entstehen, es gebe einen echten Effekt, obwohl es sich um einen Zufallsfund handelt [5].

Weitere Beispiele für Verzerrungen sind die fehlerhafte Nutzung von Kontrollgruppen oder die unsachgemäße Interpretation von Korrelationen als Kausalzusammenhang. Auch eine mangelhaft beschriebene Methode, bei der nicht deutlich wird, wie genau die Daten erhoben und analysiert wurden, ist ein Warnsignal.

Publikationsbias

Publikationsbias bedeutet, dass vor allem Studien veröffentlicht werden, die „erwünschte“ oder spektakuläre Ergebnisse liefern, während neutrale oder negative Befunde in der Schublade verschwinden. Dieser Effekt ist gut dokumentiert: Studien, die einen eindeutigen Effekt zeigen, haben höhere Chancen, in renommierten Zeitschriften zu erscheinen [9].

Die Folge ist eine Verzerrung der wissenschaftlichen Literatur, weil die Ergebnisse, die man öffentlich findet, nicht immer das gesamte Bild wiedergeben. Insbesondere in der Medizin ist dieser Aspekt bedeutsam. Wird ein Medikament in vielen Studien getestet, aber nur diejenigen mit einem positiven Ergebnis veröffentlicht, entsteht ein falscher Eindruck von Wirksamkeit.

Fehlende Kontextualisierung

Wissenschaftliche Studien müssen immer in einen Kontext eingebettet werden. Ein Effekt kann in einer spezifischen Population oder unter bestimmten Bedingungen auftreten, jedoch nicht verallgemeinert werden. Zu behaupten, dass ein Ergebnis für alle Menschen gilt, ohne die Einschränkungen zu berücksichtigen, ist unseriös.

Fehlt die Kontextualisierung, kann es zu Fehlschlüssen kommen. Beispielsweise mag eine bestimmte Therapie bei einer eng definierten Patientengruppe Erfolg versprechen, ist aber für andere Gruppen nicht geeignet. Wenn solche Einschränkungen nicht erwähnt werden, entsteht der Eindruck, das Ergebnis sei universell gültig.

Tipps zum Überprüfen von Studien

Eine fundierte Bewertung von Studien ist auch für Laien möglich, wenn bestimmte Grundprinzipien beherzigt werden. Im Folgenden findest du eine Checkliste, die helfen kann, kritische Fragen zu stellen und Studienergebnisse besser einzuordnen.

Checkliste bei der Lektüre

  1. Forschungsfrage klar formuliert? – Achte darauf, ob die Studie überhaupt deutlich macht, was untersucht wird und warum.
  2. Methodik und Datenerhebung nachvollziehbar beschrieben? – Prüfe, ob die Studie erklärt, wie die Daten gesammelt und analysiert wurden.
  3. Größe und Zusammensetzung der Stichprobe angemessen? – Schaue nach, ob die Auswahl der Teilnehmenden erklärt wird und ob sie für das Thema repräsentativ ist.
  4. Statistische Verfahren korrekt angewendet? – Überprüfe genau, ob Aussagen über Signifikanz und Effektstärken plausibel klingen und ob Korrelationen nicht als Kausalitäten dargestellt werden.
  5. Transparenz – Sind eventuelle Interessenkonflikte genannt? Liegen Daten oder Fragebögen offen?
  6. Publikationsort – Erfolgt die Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift mit Peer-Review? Gibt es Hinweise, dass die Studie als Preprint erschienen und noch nicht begutachtet wurde?
  7. Diskussion und Grenzen – Werden im Diskussionsteil Einschränkungen genannt? Ist erkennbar, dass die Forschenden sich mit Kritik an ihrer eigenen Studie auseinandersetzen?

Vergleich verschiedener Quellen

Meta-Analysen und systematische Reviews bieten oft einen guten Überblick über ein Themenfeld, da sie mehrere Studien zusammenfassen und bewerten [10]. Diese Studienformen folgen strengen Methoden, um möglichst viele relevante Einzelstudien zu einem Thema zu identifizieren und kritisch zu überprüfen.

Es lohnt sich zudem, mehrere Einzelstudien zu demselben Thema heranzuziehen und ihre Ergebnisse zu vergleichen. Weichen die Resultate stark voneinander ab, kann das darauf hindeuten, dass bestimmte methodische Unterschiede oder Stichprobenmerkmale entscheidend sind.

Expertenmeinungen

Die Bewertung durch unabhängige Institute oder Fachgesellschaften hat einen hohen Stellenwert. So geben etwa in der Medizin Cochrane-Reviews einen systematischen Überblick über den Forschungsstand zu einer bestimmten Behandlung. Nationale und internationale Gremien, wie etwa Fachgesellschaften für Kardiologie oder Pädiatrie, veröffentlichen regelmäßig Leitlinien, die auf solchen Reviews basieren [11].

Natürlich können auch Experten gewisse Vorurteile haben. Doch wenn eine große wissenschaftliche Gemeinschaft eine bestimmte Studie als relevant und methodisch einwandfrei ansieht, spricht dies in der Regel für deren Qualität. Werden hingegen erhebliche Kritikpunkte laut oder melden sich mehrere Fachleute unabhängig voneinander, die methodische Mängel anmahnen, sollten die Ergebnisse mit Vorsicht betrachtet werden.

Kritische Betrachtung und Selbstreflexion

Die Wissenschaft ist ein dynamisches Feld: Was gestern noch als gesichertes Wissen galt, kann morgen schon widerlegt oder relativiert sein. Gerade in Bereichen mit rasanten Entwicklungen, etwa in der Genforschung oder der Informatik, ändern sich Erkenntnisse schnell [2]. Eine scheinbare „Widersprüchlichkeit“ ist dabei kein Zeichen für Unzuverlässigkeit, sondern für einen normalen wissenschaftlichen Prozess.

Umgang mit (scheinbaren) Widersprüchen

Widersprüchliche Studienergebnisse können unterschiedliche Gründe haben. Manche Untersuchungen verwenden andere Methoden, untersuchen eine andere Population oder definieren Begriffe anders. Mitunter kann auch ein Fehler in einer der Studien die Ursache sein.

Wichtig ist, Ruhe zu bewahren und die jeweiligen Studien im Detail zu vergleichen. Häufig zeigt sich, dass sich die Ergebnisse unter bestimmten Bedingungen gar nicht so stark widersprechen, sondern lediglich verschiedene Aspekte beleuchten. Ein gutes Beispiel ist die Ernährungsforschung, in der unterschiedliche Studien zu teils gegensätzlichen Aussagen über den Nutzen bestimmter Lebensmittel kommen. Betrachtet man die Methodik, die Stichprobe und die Definition von Variablen genauer, wird meist klar, unter welchen Umständen die jeweiligen Resultate gelten.

Eigenes Vorwissen und Bias

Wir alle gehen mit einem gewissen Vorwissen oder Vorurteilen an ein Thema heran. Dieses Vorwissen kann uns unbewusst beeinflussen, wie wir neue Informationen aufnehmen. In der Wissenschaft spricht man hier vom confirmation bias: Wir neigen dazu, Informationen so zu interpretieren, dass sie unsere bisherigen Überzeugungen bestätigen.

Um diesem Bias entgegenzuwirken, lohnt es sich, aktiv nach Erkenntnissen zu suchen, die den eigenen Standpunkt infrage stellen. Wer beispielsweise davon überzeugt ist, dass ein bestimmtes Nahrungsergänzungsmittel besonders gut wirkt, sollte auch Studien lesen, die keine Wirksamkeit belegen. Nur so entsteht ein ausgewogenes Bild und die Gefahr einer einseitigen Sichtweise sinkt.

Unser Fazit

Seriöse und aussagekräftige Studien sind von zentraler Bedeutung für unsere Gesellschaft, da sie eine objektive Grundlage für Entscheidungen in Politik, Wirtschaft und Gesundheitswesen liefern können. Um solche Studien zu erkennen, lohnt es sich, genau hinzuschauen und die Qualitätskriterien zu prüfen: Aspekte wie eine eindeutige Forschungsfrage, eine passende Methodik, eine transparente Darlegung der Vorgehensweise, eine angemessene Stichprobenauswahl und eine gewissenhafte Datenerhebung sind unverzichtbar. Replizierbarkeit und die Einbettung in den bestehenden Forschungsstand helfen zusätzlich, die Verlässlichkeit der Ergebnisse zu bewerten.

Die Transparenz hinsichtlich Interessenkonflikten und Finanzierung sollte ebenfalls gegeben sein. Ein Peer-Review-Verfahren, bei dem unabhängige Fachleute die Studie begutachten, dient als weitere Absicherung. Gleichzeitig ist es wichtig, sich möglicher Fehlerquellen bewusst zu sein und Warnsignale wie fehlende Kontextualisierung, mangelhafte Stichprobenbeschreibung oder statistische Verzerrungen im Blick zu behalten.

Wer Studien lesen möchte, sollte mit einer kritischen Grundhaltung herangehen und die Ergebnisse nicht isoliert betrachten. Meta-Analysen, systematische Reviews oder Expertenmeinungen helfen, ein ausgewogeneres Bild zu bekommen. Auch das Bewusstsein für die eigene Perspektive und mögliche Bias kann helfen, Studienergebnisse objektiver einzuordnen.

Ein Widerspruch zwischen verschiedenen Forschungsarbeiten ist nicht zwangsläufig ein Beweis für schlechte Wissenschaft. Vielmehr zeigt er oft, dass die Forschung in Bewegung ist. Neue Erkenntnisse können bestehende Annahmen erweitern, korrigieren oder in einen anderen Kontext setzen. Dieser Prozess ist essenziell, damit unser Wissen weiter reift.

Letztendlich ist der Blick hinter die Kulissen – also in die Methodik, die Daten, die Analysen und die Rahmenbedingungen einer Studie – der Schlüssel, um verlässliche Erkenntnisse von fragwürdigen Behauptungen zu unterscheiden. Wer diese Herangehensweise verinnerlicht, wird wissenschaftliche Publikationen besser einschätzen und verantwortungsbewusstere Entscheidungen treffen können.

Quellen

[1] Bortz, J., & Döring, N. (2016). Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaftler. Springer.
[2] Ioannidis, J. P. A. (2005). Why most published research findings are false. PLoS Medicine, 2(8), e124.
[3] Creswell, J. W. (2014). Research Design: Qualitative, Quantitative, and Mixed Methods Approaches. SAGE Publications.
[4] Polit, D. F., & Beck, C. T. (2017). Nursing Research: Generating and Assessing Evidence for Nursing Practice. Wolters Kluwer.
[5] Colquhoun, D. (2014). An investigation of the false discovery rate and the misinterpretation of p-values. Royal Society Open Science, 1(3), 140216.
[6] Open Science Collaboration. (2015). Estimating the reproducibility of psychological science. Science, 349(6251), aac4716.
[7] Lee, C. J., Sugimoto, C. R., Zhang, G., & Cronin, B. (2013). Bias in peer review. Journal of the American Society for Information Science and Technology, 64(1), 2–17.
[8] Bekelman, J. E., Li, Y., & Gross, C. P. (2003). Scope and impact of financial conflicts of interest in biomedical research: a systematic review. JAMA, 289(4), 454–465.
[9] Hopewell, S., Loudon, K., Clarke, M. J., Oxman, A. D., & Dickersin, K. (2009). Publication bias in clinical trials due to statistical significance or direction of trial results. Cochrane Database of Systematic Reviews, (1), MR000006.
[10] Gough, D., Oliver, S., & Thomas, J. (2017). An Introduction to Systematic Reviews. SAGE Publications.
[11] Higgins, J. P. T., & Green, S. (Eds.). (2011). Cochrane Handbook for Systematic Reviews of Interventions. John Wiley & Sons.

Yannik
Yannik

Hey, mein Name ist Yannik. Ich bin der Co-Chefredakteur von nahrung.de und befasse mich bereits seit geraumer Zeit mit den Themen Ernährung sowie Nahrungsergänzung. Eine objektive und aufklärende Berichterstattung ist mir besonders wichtig!

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