Thymianöl

Thymianöl im Check: Wirkung, Anwendung, Sicherheit

Von Yannik 8. Dezember 2025 13 Min. Lesezeit

Ein kleiner Strauch mit kräftigem Aroma steht seit Jahrtausenden im Mittelpunkt der Heilkunde. Schon die alten Ägypter nutzten Thymian zur Konservierung von Mumien, griechische Krieger badeten vor Schlachten darin und mittelalterliche Klöster kultivierten die Pflanze in ihren Kräutergärten. Doch wie viel dieser traditionellen Anwendung hält einer wissenschaftlichen Überprüfung stand? Die Antwort ist komplizierter als gedacht. Zwischen den verschiedenen Chemotypen des Thymianöls, Laborversuchen an Zellkulturen und den spärlichen Humanstudien klafft eine erhebliche Lücke. Dieser Artikel beleuchtet, was die Forschung tatsächlich über Thymianöl weiß – und wo die Grenzen des Wissens liegen.

Was ist Thymianöl und wie wird es gewonnen?

Thymianöl (lateinisch Oleum thymi oder Thymi aetheroleum) ist ein ätherisches Öl, das durch Wasserdampfdestillation aus den oberirdischen Pflanzenteilen verschiedener Thymianarten gewonnen wird. Die Europäische Pharmakopöe definiert es als ätherisches Öl, das durch Wasserdampfdestillation aus den frischen, blühenden oberirdischen Teilen von Thymus vulgaris L., Thymus zygis L. oder einer Mischung beider Arten gewonnen wird [1]. Die getrocknete Droge enthält bis zu 2,5 Prozent ätherisches Öl.

Für medizinische Zwecke werden vorrangig zwei Arten verwendet: der Echte Thymian (Thymus vulgaris) und der Joch-Thymian (Thymus zygis). Beide Arten sind in der Europäischen Pharmakopöe als offizinell gelistet [1]. Das gewonnene Öl ist eine klare, gelbe bis sehr dunkel rötlich-braune, bewegliche Flüssigkeit mit einem an Thymol erinnernden Geruch. In Wasser ist es praktisch unlöslich, mit organischen Lösungsmitteln wie Ethanol oder Ether jedoch in beliebigen Verhältnissen mischbar. Das rohe Thymianöl wird aufgrund seiner tiefen Farbe als "rotes Thymianöl" bezeichnet. Nach einer Nachdestillation erhält man "weißes Thymianöl", ein hellgelbes Öl mit ähnlichem, aber süßerem und weniger scharfem Geruch [1].

Inhaltsstoffe und Chemotypen – eine wichtige Unterscheidung

Die Zusammensetzung des Thymianöls variiert erheblich je nach Herkunft, Klima und genetischen Faktoren der verwendeten Pflanzen. Das klingt auf den ersten Blick wie ein technisches Detail, hat aber erhebliche praktische Konsequenzen. Denn je nach Chemotyp unterscheiden sich die therapeutischen Eigenschaften und die Verträglichkeit des Öls deutlich. Es existieren mindestens sechs Chemotypen des Echten Thymians (Thymus vulgaris L.), die nach ihrem jeweiligen Hauptbestandteil benannt werden [2]. Nur der Thymol-Chemotyp entspricht der Definition in der Europäischen Pharmakopöe.

Die Europäische Pharmakopöe definiert für standardisiertes Thymianöl folgende Zusammensetzung [1]:

InhaltsstoffAnteil laut Ph. Eur.
Thymol37,0–55,0 %
p-Cymol14,0–28,0 %
γ-Terpinen4,0–12,0 %
Linalool1,5–6,5 %
β-Myrcen1,0–3,0 %
Carvacrol0,5–5,5 %
α-Thujen0,2–1,5 %
Terpinen-4-ol0,1–2,5 %

Die Verteilung der Chemotypen hängt maßgeblich von den Wuchsbedingungen ab. Der Thymol-Chemotyp enthält einen Thymol-Anteil von 37 bis 55 Prozent und wirkt deutlich stärker als die milderen Varianten wie der Linalool-Chemotyp. Diese Unterscheidung ist für die praktische Anwendung wichtig: Während die Chemotypen Linalool und Geraniol als gut verträglich gelten, sollten die phenolreichen Varianten mit Vorsicht verwendet werden. Die Europäische Arzneimittelagentur weist darauf hin, dass die verschiedenen Chemotypen des Thymians unterschiedliche Zusammensetzungen des ätherischen Öls aufweisen [1].

Thymol und Carvacrol – die Hauptwirkstoffe

Die beiden Phenole Thymol und Carvacrol sind die am besten untersuchten Bestandteile des Thymianöls. Thymol (2-Isopropyl-5-methylphenol) ist ein monoterpenes Phenol, das auch in Oregano, Bohnenkraut und anderen Lippenblütlern vorkommt. Carvacrol ist ein Strukturisomer des Thymols mit ähnlichen, aber nicht identischen Eigenschaften. Beide Verbindungen sind lipophile Substanzen und können daher leicht in Zellmembranen aufgenommen werden [3].

Neben den Hauptwirkstoffen enthält Thymianöl weitere bioaktive Komponenten: p-Cymol, γ-Terpinen, Linalool, Borneol sowie weitere Monoterpene. Thymus vulgaris enthält zudem Flavonoide, Triterpensäuren wie Ursol- und Oleanolsäure, Gerbstoffe, Phenolsäuren wie Kaffee- und Zimtsäure sowie Bitterstoffe und Saponine [3]. Diese komplexe Zusammensetzung macht eine eindeutige Zuordnung von Wirkungen zu einzelnen Inhaltsstoffen schwierig.

Wirkmechanismen – was sagt die Laborforschung?

Die Wirkungen von Thymianöl und seinen Hauptbestandteilen wurden in zahlreichen Laborstudien untersucht. Wichtig dabei: Die meisten dieser Erkenntnisse stammen aus In-vitro-Versuchen an Zellkulturen oder aus Tierexperimenten. Eine direkte Übertragung auf den Menschen ist daher nur eingeschränkt möglich [1]. Mit dieser Einschränkung im Hinterkopf zeigen die Laborstudien dennoch interessante Wirkmechanismen.

Sekretomotorische und spasmolytische Aktivität

Zur sekretomotorischen Aktivität liegen nur ältere Berichte vor. Gordonoff et al. (1931, 1932, 1933) und Vollmer (1932) wiesen sekretomotorische und sekretolytische Eigenschaften von Thymol und Thymianpräparaten nach [1]. Eine Stimulation der Flimmerbewegung in der Rachenschleimhaut von Fröschen, die mit verdünnten Lösungen von Thymianöl, Thymol oder Carvacrol behandelt wurden, wurde von Freytag (1933) berichtet [1].

Thymianöl zeigt eine spasmolytische Wirkung auf die glatte Muskulatur. In einer Studie von Lis-Balchin et al. (1997) wurden die ätherischen Öle in Konzentrationen von 4×10⁻⁶ bis 8×10⁻⁵ g/ml am feldstimuliertem Meerschweinchen-Ileum getestet [1]. Thymol hat in vitro eine agonistische Wirkung auf α1-, α2- und β-Adrenozeptoren; die spasmolytische Aktivität ist in Konzentrationen über 10⁻⁶ M nachweisbar. In einer Konzentration von 10⁻⁴ M unterdrückt Thymol die spontane kontraktile Aktivität der glatten Muskulatur des Meerschweinchenmagens [4].

Antibakterielle Eigenschaften

Die antibakterielle Wirkung von Thymianöl ist im Laborversuch gut dokumentiert. Das ätherische Öl zeigt eine starke antibakterielle Aktivität gegen grampositive und gramnegative Bakterien. Diese Wirkung wird hauptsächlich Thymol und Carvacrol zugeschrieben [1]. Öle mit einem höheren Anteil an phenolischen Verbindungen zeigen eine stärkere hemmende Aktivität [5].

Thymianöl wies unter 20 getesteten ätherischen Ölen die niedrigste minimale Hemmkonzentration (MHK) von 0,03 % V/V gegen Escherichia coli und Candida spp. auf [6]. Eine Studie von Inouye et al. (2001) untersuchte die antibakterielle Aktivität von 14 ätherischen Ölen gegen vier Haupterreger von Atemwegsinfektionen. Haemophilus influenzae war am empfindlichsten gegenüber den ätherischen Ölen, gefolgt von Streptococcus pneumoniae und Streptococcus pyogenes. Es wurde keine Kreuzresistenz zwischen penicillinempfindlichen und penicillinresistenten S. pneumoniae beobachtet [1].

Während der Revision der EMA-Monographie (2011–2016) wurden weitere Studien zur antibakteriellen Aktivität veröffentlicht. Bogavac et al. (2015) fanden MHK-Werte von 2,8–45,4 µL/ml gegen E. coli, Staphylococcus aureus und Enterococcus sp. [1]. Sakkas et al. (2016) untersuchten multiresistente Isolate von Acinetobacter baumannii, Klebsiella pneumoniae und Pseudomonas aeruginosa und fanden MHK-Werte von 0,25–4 % V/V [1].

Antifungale Eigenschaften

Das ätherische Öl ist hoch antimykotisch gegen verschiedene Pilze und Hefen, wie Candida albicans. Diese Aktivität wird hauptsächlich den phenolischen Verbindungen Thymol und Carvacrol zugeschrieben. Thymol greift in die Bildung und Lebensfähigkeit von Hyphen ein und induziert morphologische Veränderungen in der Hülle von C. albicans [7, 8]. Thymianöl hemmt das Myzelwachstum von Aspergillus flavus und A. niger und bei Konzentrationen unter 500 ppm die Pilzentwicklung und Mykotoxinproduktion von A. flavus, A. parasiticus, A. ochraceus und Fusarium moniliforme dosisabhängig [9].

Entzündungshemmende Wirkung

Thymianöl hemmt die Prostaglandin-Biosynthese, wobei Thymol im COX-Hemmtest weniger aktiv war [10]. In einer Studie von Fachini-Queiroz et al. (2012) wurden Thymianöl und seine Bestandteile Thymol und Carvacrol auf ihre Modulation der Entzündungsreaktion in vitro untersucht. Thymol hemmte entzündliche Ödeme und wirkt als Chemoattraktant, reduzierte jedoch nicht die Ödembildung. Carvacrol hingegen reduzierte die Ödembildung und zeigte mögliche topische entzündungshemmende Effekte [1].

In einer humanen klinischen Studie mit 33 Asthmatikern erwies sich Carvacrol als wirksam bei der Reduktion von Entzündungsmarkern und oxidativem Stress. Die Behandlungsgruppe erhielt über zwei Monate täglich 1,2 mg/kg Carvacrol und zeigte nach dem ersten Monat eine Verbesserung der Atemwegssymptome [11]. Dies ist eine der wenigen kontrollierten Humanstudien zu diesem Thema.

Klinische Anwendung – zwischen Tradition und Evidenz

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat Thymianöl auf Basis seiner langjährigen medizinischen Verwendung als traditionelles pflanzliches Arzneimittel anerkannt [1]. Dies bedeutet jedoch ausdrücklich nicht, dass die Wirksamkeit durch klinische Studien belegt ist. Das Komitee für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) stellt explizit fest: "Es sind keine klinischen Studien für Thymianöl verfügbar, um eine Indikation nach dem well-established use gemäß Artikel 10a der Richtlinie 2001/83/EG zu unterstützen" [1].

Gemäß der Marktübersicht und Literatur erfüllt Thymianöl für die orale Anwendung, kutane Anwendung und als Badezusatz die Kriterien einer medizinischen Anwendung über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren, davon mindestens 15 Jahre innerhalb der EU/des EWR. Das entspricht der traditionellen medizinischen Anwendung gemäß der Richtlinie 2004/24/EG [1].

Anerkannte traditionelle Anwendungsgebiete

Die EMA hat folgende traditionelle Anwendungen für Thymianöl anerkannt [1]:

  • Orale Anwendung: Traditionelles pflanzliches Arzneimittel als Expektorans bei erkältungsbedingtem Husten
  • Kutane Anwendung und als Badezusatz: Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Linderung von Symptomen bei Erkältungen und Husten

Das Produkt ist ein traditionelles pflanzliches Arzneimittel für die Anwendung in den genannten Indikationen, das ausschließlich auf langjähriger Anwendung basiert.

Was sagen die wenigen Humanstudien?

Die klinische Datenlage zu Thymianöl als Einzelsubstanz ist dünn. Die meisten Humanstudien untersuchten Kombinationspräparate aus Thymian mit anderen Pflanzen wie Primelwurzel oder Efeu. Zur Pharmakokinetik beim Menschen liegt eine Studie vor: Nach Einnahme einer Einzeldosis eines Thymian-Trockenextrakts (entsprechend 1,08 mg Thymol) konnte im menschlichen Plasma nur das Sulfat-Konjugat nachgewiesen werden, nicht jedoch freies Thymol oder das Glucuronid. Das Sulfat war 20 Minuten nach der Einnahme nachweisbar; maximale Plasmaspiegel wurden nach etwa 2 Stunden erreicht. Die Eliminationshalbwertszeit wurde mit 10,2 Stunden bestimmt [12].

Dosierung und Anwendungsformen

Für die verschiedenen Anwendungsformen von Thymianöl gelten unterschiedliche Dosierungsempfehlungen gemäß der EMA-Monographie [1]:

AnwendungsformDosierungHäufigkeit
Orale Einnahme (Erwachsene)4–5 Tropfen (0,2–0,25 ml)3–5 mal täglich
Kutane Anwendung (Erwachsene)bis zu 10 % in flüssiger oder halbfester Darreichungsformbis zu 3 mal täglich
Badezusatz (Erwachsene)0,007–0,025 g pro Litertäglich oder jeden zweiten Tag
Badezusatz (Kinder 6–12 Jahre)0,0035–0,017 g pro Litertäglich oder jeden zweiten Tag
Badezusatz (Kinder 3–6 Jahre)0,0017–0,0082 g pro Litertäglich oder jeden zweiten Tag

Bei äußerlicher Anwendung sollte Thymianöl stets verdünnt werden. Die verwendeten Mischungen sollten nicht mehr als 10 Prozent Thymianöl enthalten. Badedauer: 10–20 Minuten bei einer empfohlenen Wassertemperatur von 35–38 °C [1]. Wenn die Symptome länger als eine Woche anhalten, sollte ein Arzt konsultiert werden.

Sicherheit und mögliche Risiken

Die Sicherheitsbewertung von Thymianöl fällt insgesamt positiv aus, erfordert aber Differenzierung nach Anwendungsart und Personengruppe.

Toxikologische Daten

Die orale LD50 des ätherischen Öls bei Ratten betrug 2,84 g/kg Körpergewicht [13]. Die intraperitoneale LD50 von Thymus zygis-Öl bei Mäusen lag bei 600 mg/kg Körpergewicht [14]. In einer Fütterungsstudie wurden bei Ratten nach Zugabe von 1,0 % Thymol zum Futter über 19 Wochen keine toxischen Wirkungen beobachtet [15].

Thymianöl zeigte in Ames-Tests (Stämme TA1535, TA1537, TA98, TA100) mit und ohne metabolische Aktivierung sowie im Bacillus subtilis rec-Assay keine mutagene oder DNA-schädigende Aktivität [16]. In verschiedenen Genotoxizitätsstudien zeigten Thymol und Carvacrol schwache oder keine genotoxischen Effekte, wobei die Ergebnisse teilweise widersprüchlich waren und die Berichterstattung nicht immer ausreichend detailliert war [1]. Die EMA kommt zu dem Schluss: "Es scheint, dass Thymianöl und seine Hauptkomponenten in einigen Studien schwache Hinweise auf Genotoxizität geben, aber diese Hinweise sind bestenfalls schwach und fraglich" [1].

Bekannte Nebenwirkungen

Bei 25 Probanden wurde in einem geschlossenen Patch-Test nach 48 Stunden keine Hautreizung bei Konzentrationen von 8 % Thymianöl in Vaseline festgestellt. Im Maximierungstest wurden bei einer Konzentration von 8 % Thymianöl in Vaseline keine Sensibilisierungsreaktionen beobachtet [17]. Die tägliche Anwendung in Gurgellösungen, Mundspülungen und Zahnpasten über einen längeren Zeitraum kann jedoch allergische Reaktionen auslösen [1].

Die EMA gibt für die Monographie folgende Nebenwirkungen an [1]:

  • Orale Anwendung: Überempfindlichkeitsreaktionen wurden beobachtet (Häufigkeit nicht bekannt)
  • Kutane Anwendung: Überempfindlichkeitsreaktionen und Hautreizungen wurden beobachtet (Häufigkeit nicht bekannt)

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Für bestimmte Personengruppen und Situationen gelten Einschränkungen gemäß der EMA-Monographie [1]:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
  • Vollbäder sind kontraindiziert bei: offenen Wunden, großflächigen Hautverletzungen, akuten Hauterkrankungen, hohem Fieber, schweren Infektionen, schweren Kreislaufstörungen und Herzinsuffizienz
  • Bei Bluthochdruck sollten Vollbäder mit Vorsicht angewendet werden
  • Thymianöl sollte nicht im Gesicht, insbesondere im Nasenbereich, bei Säuglingen und Kleinkindern unter 2 Jahren angewendet werden, da das Risiko eines Laryngospasmus besteht
  • Schwangerschaft und Stillzeit: Die Sicherheit ist nicht belegt, weshalb die Anwendung nicht empfohlen wird
  • Kinder unter 18 Jahren: Für die orale und kutane Anwendung liegen keine ausreichenden Daten vor
  • Kinder unter 3 Jahren: Die Anwendung als Badezusatz wird nicht empfohlen

Wissenschaftliche Grenzen und offene Fragen

Bei aller Tradition und den interessanten Laborergebnissen bleiben erhebliche Wissenslücken. Die EMA stellt in ihrem Assessment Report eindeutig fest: "Es sind keine klinischen Studien für Thymianöl verfügbar, um eine Indikation nach dem well-established use zu unterstützen" [1]. Die Zulassung als traditionelles pflanzliches Arzneimittel basiert auf langjähriger Anwendung, nicht auf dem Nachweis klinischer Wirksamkeit.

Ein weiteres Problem ist die hohe Variabilität der Zusammensetzung. Je nach Chemotyp, Erntezeitpunkt und Verarbeitungsverfahren unterscheiden sich die Inhaltsstoffe erheblich. Die EMA weist darauf hin, dass die meisten Genotoxizitäts- und Mutagenitätstests nicht mit Thymianöl durchgeführt wurden, dessen Zusammensetzung der Europäischen Pharmakopöe entspricht [1]. Für die orale Anwendung sind adäquat durchgeführte Säugetierzellstudien zur Bewertung der Genotoxizität erforderlich.

Adäquate Tests zur reproduktiven und entwicklungstoxikologischen Bewertung wurden nicht durchgeführt. Tests zur Karzinogenität wurden ebenfalls nicht durchgeführt [1]. Die Frage, ob Thymianöl bei Erkältungen tatsächlich wirksam ist, kann wissenschaftlich nicht abschließend beantwortet werden.

Fazit

Thymianöl ist ein komplexes Naturprodukt mit einer langen Geschichte in der Volksmedizin und interessanten Eigenschaften im Laborversuch. Die antibakteriellen, antimykotischen und entzündungshemmenden Wirkungen der Hauptinhaltsstoffe Thymol und Carvacrol sind unter kontrollierten Laborbedingungen nachgewiesen. Für die klinische Anwendung am Menschen fehlen jedoch weitgehend belastbare Studien.

Die Anerkennung durch die EMA als traditionelles pflanzliches Arzneimittel bei erkältungsbedingtem Husten gibt einen regulatorischen Rahmen vor, sagt aber nichts über wissenschaftlich belegte Wirksamkeit aus. Wer Thymianöl bei Erkältungssymptomen anwendet, sollte die empfohlenen Dosierungen einhalten und die Kontraindikationen beachten. Für Kinder unter zwei Jahren ist die kutane Anwendung nicht geeignet, für Kinder unter drei Jahren nicht als Badezusatz.

Aus Sicht der Sicherheit kann die Anwendung von Thymianöl zur kutanen Anwendung und als Badezusatz bei Einhaltung der empfohlenen Dosierung und Anwendungsdauer als sicher angesehen werden [1]. Bei anhaltenden oder schweren Beschwerden sollte ärztlicher Rat eingeholt werden – Thymianöl ist kein Ersatz für eine medizinische Behandlung.

📚 Quellen (17 Quellen)

Quellen

  1. European Medicines Agency (EMA), Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC): Assessment report on Thymus vulgaris L., Thymus zygis L., aetheroleum. Final – Revision 1. EMA/HMPC/52980/2017. 8 July 2020.
  2. Thompson JD, Chalchat JC, Michet A, Linhart YB, Ehlers B: Qualitative and quantitative variation in monoterpene co-occurrence and composition in the essential oil of Thymus vulgaris chemotypes. J Chem Ecol. 2003; 29(4): 859-880.
  3. Stahl-Biskup E, Sáez F (eds): Thyme: The Genus Thymus. Taylor & Francis, London 2002.
  4. Beer AM, Lukanov J, Sagorchev P: Effect of thymol on the spontaneous contractile activity of the smooth muscles. Phytomedicine. 2007; 14(1): 65-69.
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  7. Braga PC, Culici M, Alfieri M, Dal Sasso M: Thymol inhibits Candida albicans biofilm formation and mature biofilm. Int J Antimicrob Agents. 2008; 31(5): 472-477.
  8. Braga PC, Alfieri M, Culici M, Dal Sasso M: Inhibitory activity of thymol against the formation and viability of Candida albicans hyphae. Mycoses. 2007; 50(6): 502-506.
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  10. Wagner H, Wierer M, Bauer R: In vitro-Hemmung der Prostaglandin-Biosynthese durch etherische Öle und phenolische Verbindungen. Planta Med. 1986; 52(3): 184-187.
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  12. Kohlert C, Schindler G, März RW, Abel G, Brinkhaus B, Derendorf H, Gräfe EU, Veit M: Systemic availability and pharmacokinetics of thymol in humans. J Clin Pharmacol. 2002; 42(7): 731-737.
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